Die Forschung
Der große Quellenfundus hat bereits viele Historiker zur Beschäftigung mit der Geschichte der lippischen Ziegler angeregt. Die weitere Forschung dazu benötigt Informationen über:
- die gesetzlichen Grundlagen, mit deren Hilfe die lippische Regierung die Saisonarbeit der Ziegler gesteuert und verwaltet hat;
- die archivische Überlieferung, vor allem in den Beständen L 77 A und L 79;
- die Forschungsliteratur, darunter die über Lebens- und Berufskarrieren der lippischen Ziegler.
Auf der Grundlage dieser Quellen kann die Forschung ihre Sicht auf die Geschichte der lippischen Ziegler weiter verfeinern.
Fortschritte in der Erforschung der lippischen Ziegler sind zu erwarten, wenn häufiger und besser individuelle Lebensgeschichten von Ziegler rekonstruiert werden. Die Bedingungen für den Erfolg oder Misserfolg der Wanderarbeiterkarrieren ließen sich so deutlicher erschließen, nicht nur im lippischen (s. z.B Ein Löffel für 25-jährigen treuen Dienst / Een lepel na 25 jaar trouwe dienst), sondern auch im europäischen und selbst im globalen Kontext. Auf diesem Wege wäre es auch möglich, mehr über die Rolle der Frauen und Kinder zu erfahren, die während der Arbeitszeit der Männer zwei Drittel des Jahres in Lippe zurückblieben. (s. weiter die Literaturliste).
In noch anderer Hinsicht ist die Geschichte der lippischen Ziegler aus geschlechterhistorischer Perspektive interessant und noch kaum erforscht: Anders als in anderen Regionen bestanden die Gruppen dieser Wanderarbeiter ausschließlich aus männlichen Jugendlichen und Männern. Warum dies im Vergleich mit anderen Wanderarbeitsgruppen so war und wie sich dies auf die gruppendynamische Situation, das darin konstruierte Männlichkeits- und Arbeitsverständnis und das Verhältnis zu den daheim gebliebenen Frauen auswirkte, wäre ein weiteres Forschungsfeld im Zusammenhang von Arbeits- und Geschlechtergeschichte.